abgegeben.






Zum Ausstellungsprojekt:
Ein Projekt von Sophie Linz, freie Bildredakteurin, Hamburg

Die Kinderbetreuung in der DDR galt lange als vorbildlich. In der Diskussion um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird noch heute beispielhaft auf sie verwiesen. Ausgeblendet und wenig erforscht blieben dabei die Wochenkrippen.

Bis in die 1960er Jahre hinein waren Wochenkrippen in ganz Osteuropa verbreitet, unter anderem in der damaligen ČSSR. Studien über die Auswirkungen auf die Kinder führten dort zur Abschaffung der Wochenkrippen. In der DDR blieben sämtliche Forschungsergebnisse jedoch unter Verschluss. Der Ausbau der Wochenkrippen erreichte Ende der 1960er Jahre hier sogar einen Höhepunkt.

Wir – sind zehn ehemalige Wochenkrippe-Kinder. Den wenigsten von uns standen Dokumente, Fotos oder andere Informationen zur Verfügung, die konkrete Auskunft über unsere prägendste Zeit geben könnten. Wir haben uns auf die Suche begeben, den roten Faden aufzunehmen, der uns alle verbindet: abgegeben worden zu sein. Eine gemeinsame Suche nach dem Beginn, der bis in die Gegenwart reicht.

Wann war ich in welcher Wochenkrippe und, vor allem, wie lange. Das war der Ausgangspunkt. Mit jeder einzelnen der acht Frauen sowie einem Mann reiste ich zu der einstigen Wochenkrippe. Dort führte ich Interviews mit ihnen – in der Situation der zumeist ersten Wiederbegegnung mit dem Ort. Es waren mitgebrachte Fragen, die ich stellte und wurden so viele mehr, die sich aus unseren Gesprächen ergaben. Diese Orte habe ich nochmals aufgesucht. Die Gebäude selbst und dort gefundene Spuren fotografiert.

Anja Lehmann, auch sie eine Betroffene, fuhr zu den gegenwärtigen Wohnorten, um alle – in ihnen heute vertrauter Umgebung – zu portraitieren.

Wesentliches Element der gemeinsamen Spurensuche war die individuelle Entwicklung von Collagen, deren Umsetzung mit künstlerisch-pädagogischer Unterstützung von Karla Sachse entstanden. Sie verbinden Fundstücke unserer Leben und übersetzen die Erinnerung visuell.

Die Interviews habe ich während der Entstehung der Collagen fort- und mit den Interviews an den Orten zusammengeführt.

Website:
Die damals in die Wochenkrippe abgegebenen Kinder werden zu bürokratischen Fallnummern. Es geht um die für die Gesellschaft effiziente und praktische Verwaltung der Familie (Nachwuchs), damit die Eltern im Beruf einsatzfähig bleiben. Ausgeblendet oder vergessen werden dabei die emotionalen Bedürfnisse der Kinder (Bindung, Nähe, Sicherheit, Vertrauen usw.).
Die Website greift visuell den bürokratischen, verwaltungstechnischen Aspekt auf.

Da das Geschehen in der Vergangenheit, also vor Digitalisierung stattfand, habe ich eine Schreibmaschinen-Schrift (Erkia) gewählt, die in der DDR üblicherweise in der Zeit in der schriftlichen Kommunikation eingesetzt wurde.