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Der Voyeur ist interessiert am Leben anderer Menschen, an Erfolg und Misserfolg, an Problemen, Geheimnissen, am Scheitern.
Er vergleicht sich mit anderen und es bereitet ihm Wohlbefinden, wenn er in diesem Vergleich besser dasteht. Beim Beobachten empfindet er ein Machtgefühl.
Reality TV ist voyeuristisches Fernsehen. Mit seinen Reality Shows und Doku Soaps zeigt es dem Voyeur, was er sehen will und erzielt damit hohe Quoten. Es bietet dem Voyeur Möglichkeiten zur Identifikation und zum sozialen Abwärtsvergleich und es befriedigt seinen Wunsch nach Skandalösem und Sexuellem, aber auch nach Macht (Voten).
Dabei arbeitet Reality TV mit Mitteln wie Emotionalisierung, Personalisierung, Intimisierung, Dramatisierung, Skandalisierung und Stereotypisierung. Alltagssituationen und Laiendarsteller sollen dabei, ebenso wie eine spezielle Kameratechnik, den Eindruck von Authentizität erwecken. Die Realität wiederzugeben, ist das Ziel des Reality TVs in seinen Anfängen gewesen. Davon ist es inzwischen weit entfernt. Durch die zunehmende Inszenierung seiner Formate kommt es zu einer Vermischung von Fiktion und Realität. Reality TV ist ein Hybridgenre geworden und entwickelt sich mit seinen vollkommen ausgedachten und gestellten Scripted Reality Formaten weiter in Richtung Fiktion. Dem Zuschauer dies aber weiterhin als Realität zu verkaufen, ist Betrug und hat auf jüngere und ungebildete Zuschauer gravierende Wirkung. Inszenierte Realität ist nicht die Wirklichkeit und ohne Aufklärung und ausreichende Kennzeichnung der Sendungen verzerrt es die Wahrnehmung der Menschen.

Die Verzerrung der Realität durch das Reality TV ist Thema des Buchprojektes. Verzerrung wird hier wörtlich genommen, haptisch im schief angelegten Buchformat und bildnerisch durch verzerrte Bilder von typischen Sendungen aus dem Reality TV. Medium für die Verzerrung ist ein handelsüblicher Scanner.
Auch die Typografie unterliegt größtenteils diesem Verzerrungsprozess. Spiegelnde Elemente, wie z.B. der Einband, halten dem Betrachter des Buches den Spiegel vor, denn auch er ist ein Voyeur.

Bachelorarbeit von Charlotte Rawitzer
betreut von Prof. Ulrike Brückner und Prof. Dr. Pamela C. Scorzin