Auf der Suche nach der verlorenen Zeit































Ich hab’ keine Zeit! Das geht nicht nur mir sondern vielen anderen so. Schon Marcel Proust war Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinem Roman auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Dabei sollen uns heutzutage Computer, das Internet und gerade mobile Geräte die Arbeit erleichtern und vieles abnehmen. Statt die gewonnene Zeit für uns zu nutzen, versuchen wir, mit der Technik mitzuhalten: Bei jedem Klopfen, Piepen oder Brummen schauen wir sofort auf ’s Smartphone und antworten mal eben oder überfl iegen die neusten Nachrichten. Wir sind immer erreichbar, immer online und in Gedanken immer woanders. Die nötige Fokussierung auf und das Verweilen bei einer Sache findet kaum noch statt. So gewinnen wir keine Zeit, sondern werden von unseren Maschinen durch den Tag getrieben: Sie bestimmen wann wir was machen; sie benutzen uns, diktieren uns ihren Takt. Dieser Takt ist für uns zu schnell, die Möglichkeiten, die uns neue Medien aufzeigen, zu zahlreich, als dass wir sie alle wahrnehmen könnten. So hetzen wir der Technik und dem, was sie uns zeigt, hinterher und es kommt uns so vor, als verpassten wir immer mehr, schafften immer weniger – als verlören wir Zeit. Diese verlorene Zeit lasse ich in meinem Projekt sichtbar werden.

In Prousts Roman begibt sich der Erzähler auf die Suche nach der verlorenen Zeit seiner Jugend. Er erinnert sich an die Ablenkungen und oberfl ächlichen Zeitvertreibe seines Lebens, die ihn davon abhielten, etwas von Bestand und Bedeutung zu schaffen. Die Dinge, die uns heute vom konzentrierten Arbeiten abhalten, sind viel greifbarer: Wir halten sie in der Hand. Alle die Ablenkungen und Störungen durch WhatsApp- und facebook-Nachrichten, Twitter, Mails und Newsfeeds lasse ich im Romantext von »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« auftauchen. Die Gestaltung des Originals – von Typografi e bis Papier – werden aus Gründen der Vergleichbarkeit beibehalten. Inhaltlich fi nden auf mehreren Ebenen Geschichten statt: Im Romantext der Rückblick des Protagonisten auf sein offenbar verschwendetes Leben, in den einzelnen Messaging-Apps und Emails Ausschnitte aus unserer heutigen digitalen Kommunikation: bloßer Informationsaustausch, Arbeits-, Uni- oder Spammails, Ablenkung durch Werbung oder nur ein zeitvertreibendes Hin-und-Herschicken von Smileys und Links zu Katzenbildern. Das gesamte Buch wird schließlich dicker als das Original – und man braucht mehr Zeit um es zu lesen. Die verlorene Zeit – beziehungsweise wo diese hin ist, wird beim Vergleich der beiden Bücher sofort deutlich.

Quellen/Inspiration

Opitz, Florian (2012): Speed. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Proust, Marcel (2013): Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Auf dem Weg zu Swann. Stuttgart: Reclam

Seminar: Wohin wollen wir eigentlich? Stefanie Luchtenberg, 6. Semester DMK