Wie kann ich als Designer*in meine Fähigkeiten nutzen, um möglichst kostengünstig auf ein Problem aufmerksam zu machen? Dabei möglichst viele Menschen zu erreichen und sie für kollaborative, kritische Projekte zu gewinnen, als Mitgestalterinnen einer gemeinsamen Aktion, zum
Beispiel gegen Missstände in der Textilindustrie?
Eine große Mehrheit der Bürger*innen kennt die Missstände, die uns den Kauf von billigen Kleidungsstücken ermöglichen. Trotzdem kauft ein nicht geringer Teil der Bevölkerung
weiter bei Bekleidungsdiscountern ein, die ihre Waren überwiegend aus Billiglohnländern beziehen. Das liegt einerseits daran, dass viele Menschen sich keine Produkte leisten können, die ethischen und ökologischen Standards genügen. Andererseits tragen wir selbst Verantwortung dafür, wenn wir
die Probleme aus mangelnder Kenntnis, oder auch Ignoranz einfach beiseiteschieben. Der sehr günstige Preis, die gesellschaftliche Akzeptanz der Marken und deren Verfügbarkeit, aber auch die Mentalität einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft helfen uns, die Missstände zu verdrängen. Und dass
sich die Ausbeutung der Arbeitskräfte an einem ganz anderen, fernen Ort in der Welt abspielt, macht es uns noch leichter, nichts zu sehen, nichts zu h.ren und nichts zu sagen.
Die Kampagne Billigjobs will das ändern:
Überall in der Stadt hingen zunächst Anzeigen, manchmal einzeln oder auch zusammengefügt zu größeren plakatähnlichen Flächen. Betrachter*innen dieser Anzeigenzettel, wie sie üblicherweise im Städtischen an Bushaltestellen oder Stromkästen angebracht werden, nahmen sie zuerst als reale Stellenanzeigen wahr – waren dann aber sofort empört. Denn die Anzeigenzettel der Kampagne adaptierten nur oberflöchlich den Stil von Stellenanzeigen. In den Anzeigen selbst jedoch war von den widrigen Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie die Rede, beispielsweise bei den Baumwoll-Zulieferern und Nähereibetrieben in Südasien. Dort stand für alle zu lesen: Suche Kinder zum Ausbeuten für 1,18 € am Tag; Biete Arbeit für 30 € im Monat!; Biete Arbeit für 60 Stunden pro Woche, keinen Urlaub, keine Versicherung.
Die Kampagne erreichte viele, die sonst nicht über die Problematik nachgedacht hätten. Gerade bei sozialen und politischen Themen, die nur wenige verfolgen, ist die Provokation ein gutes Mittel, das zu ändern. Die Presse zu informieren ist ein weiteres Mittel. Die Umsetzung der Billigjobs Kampagne war niederschwellig und kostete den Macher fast nichts, so dass sie von vielen kopiert werden konnte. Die Vorlagen waren digital verfügbar, so dass jede*r die Möglichkeit hatte, sie herunterzuladen,
zu vervielfältigen und zu verbreiten.
Billigjobs / Protest-Kampagne / Fotos: Robin Strasen, 2. Semester
Seminar: Bad Idea
Dozentin: Ulrike Brückner